Auf meinem Weg zu Janna Oz, kommt mir ein Typ entgegen. Er
sieht ganz stylisch aus - Baseball Cap, Skinny Jeans, Tunnels in den Ohren, sein
Arme sind tätowiert. Eigentlich kein ungewohntes Bild mehr, selbst wenn ich
nicht in Köln wäre, sondern in irgendeiner deutschen Vorstadt-Pampa.
Vielleicht ist es kein ungewohntes Bild mehr, weil sich
tätowieren zu lassen, eben nicht nur „Mode“ ist, sondern dem uralten Bedürfnis des Menschen zu Grunde
liegt, sein Leben, die Herkunft und die eigenen Kultur auf dem eigenen Körper
rituell zu verewigen. Und das ganz unabhängig von Skinny Jeans.
Janna Oz nimmt mich herzlich in den Kreativ-Hallen von Santa
Sangre in Köln auf, um mir ein wenig von ihrer Welt und auch ihrem Alltag zu
zeigen. Sie ist seit 2006 Tätowiererin. „Ursprünglich habe ich mal
Augenoptikerin gelernt“, erzählt sie mir. „Meine Brillen, die ich in meiner
Ausbildung bauen durfte waren wirklich ziemlich kreativ und verrückt. Aber
danach bist du nun mal mehr oder weniger Verkäuferin und das war einfach nichts
für mich. Ich wollte aber schon immer was mit Kunst machen.“ Das Janna vor
allem ihrer kreativen Seele Ausdruck verschaffen muss, sieht man sofort, auch
an ihrem eigenen Körper. Mit 16 hatte sie ihr erstes Tattoo. „Vor 24 Jahren
lief das ein bisschen anders als heute. Abgesehen davon, dass mich niemand nach
der Einverständniserklärung meiner Eltern gefragt hat, durfte ich mir mit
meinen mühsam ersparten 360 Mark etwas von den Motiven an der Wand aussuchen. Das
habe ich dann machen lassen. So fing alles an.“
Tattoos sind für Janna vor allem eins: eine
Lebenseinstellung. Es sagt zwar nicht zwangsläufig etwas über die Neigungen
einer Person aus, aber es ist auf jeden Fall eine Kunstform, dessen wir uns
bedienen, um uns selbst Ausdruck zu verleihen. „Das kann der Werbegrafiker sein, aber auch ein
Geschäftsmann im Anzug, der ohne diesen im kompletten Body Suit auf einmal vor
dir steht. Wenn man sich tätowiere lassen will, dann geht man eine lebenslange
Verbindung mit einem Abschnitt seines Lebens ein.“
Vollkommene Akzeptanz der eigenen Biografie. Wer sich bei
Janna schon zu Anfang danach erkundigt, ob Lasern schmerzhaft ist, der hat bei
ihr schlechte Karten. Den Namen des Partners sich verewigen zu lassen, ist ein
weiteres „No-Go“ bei ihr. „Wenn ich hier eine 18 Jährige sitzen habe, die mir
erzählt sie will den Namen ihres Freundes, mit dem sie seit zwei Monaten
zusammen ist, auf dem Unterarm haben, dann schicke ich sie wieder nach Hause. Es
gibt Sachen, die mache ich nicht, weil ich mit einem ruhigen Gewissen schlafen
will.“ Sie nimmt ihre Kunst und ihr Handwerk ernst. Denn das ist es nun mal,
das Tätowieren, ein erlernbares kreatives Handwerk (mit sehr viel Tradition und
in fast allen Kulturen verbreitet).
Wer aber jetzt bei der IHK anklingelt, um sich nach einem
Ausbildungsplatz umzuhören liegt falsch. Es gibt keine klassische Ausbildung als Tätowiererin.
Janna, die schon immer zeichnerisches Talent gehabt hat, bewarb sich mit einer
Mappe, bei zwei Tattoo Studios und hat erst Mal bei einem dieser ein Praktikum
gemacht. „Du kannst zwar ein Tattoo Studio aufmachen, aber du brauchst schon
ein Gefühl für Formen, Licht und Schatten und natürlich eine ruhige Hand. Am
Anfang habe ich erst Mal auf Organgen- und Bananenschalen tätowiert, ach ja und
auf Scholle, die eignet sich besonders gut (lacht), aber wirklich lernen kannst
du es nur am Menschen selbst.“ Wer ihr erstes „Opfer“ war will ich wissen. „Das
war ein großer von oben bis unten tätowierter Rocker, der zu mir meinte: ,Komm
Mädel, hier is` noch ne Stelle frei, jetzt probier mal.’ Und dann habe ich
einfach losgelegt.“ Seitdem hat sie nie wieder etwas anderes gemacht und ist
mit Leib und Seele davon überzeugt, auch nie wieder etwas anderes machen zu
wollen.
Ihre Inspirationen holt sie sich von alten Kupferstichen und
Fotografien aus dem 19 Jahrhundert. Ihre komplett freien Werke spiegeln eine
wunderschöne düstere Romantik wieder. Ästhetisch und Leidend zu gleich. So wie
bei jedem Künstler hat auch sie Auftragsarbeiten, kann sich aber auch frei
austoben. „Das werden meistens die schönsten Motive.“ Zum Großteil sieht sie
schon, wenn jemand reinkommt was zu der Person passen würde. Natürlich werde
ich neugierig und frage, was sie den meint zu mir passen würde. Ganz klar, ein
neo-traditional Style. Es ist auch Jannas Spezialgebiet. „Das sind solide
Tätowierungen mit schönen kräftigen Linien. Ich versuche immer reduziert zu
bleiben auf zwei bis drei Farben. Meistens gedeckte Farben.“ Sie zeigt mir
typische 40er, 50er Jahre Motive. Ich muss sagen mir gefällt was ich sehe.
Vor der Tür bei Kaffee und Zigarette frage ich sie dann, ob
sie mir meine Jungfräulichkeit nehmen kann. Seit fast zehn Jahren habe ich den
Wunsch mich tätowieren zu lassen, ich glaube besser überlegen kann man es sich
nicht mehr. Jetzt scheint mir der richtige Augenblick dafür zu sein. Janna
bereitet alles vor und dann geht es auch schon los.
„Ja“, denke ich, während sie mir „Libertad“ auf meine
seitlichen Rippen eingraviert „Es ist die Akzeptanz der eigenen Biografie.“
Denn wonach ich immer strebte, war und ist die Freiheit und Janna hat sie mir gegeben.
Mehr Infos über Janna Oz und Santa Sangre Tattoo bekommt ihr hier:
https://www.facebook.com/janna.oz?fref=ts
https://www.facebook.com/santasangretattoo
http://www.santa-sangre.com
Mehr Infos über Janna Oz und Santa Sangre Tattoo bekommt ihr hier:
https://www.facebook.com/janna.oz?fref=ts
https://www.facebook.com/santasangretattoo
http://www.santa-sangre.com
Wow, das nenn ich Mal spontan!
AntwortenLöschenIst ein wirklich toller Bericht :o)
Liebe Grüße, Carmen
Ha Jaaaaaaaaaa :)
Löschenich schließe mich an: ein toller Bericht.
AntwortenLöschenLieben Dank!
LöschenHat wirklich Spaß gemacht den Bericht zu lesen.
AntwortenLöschenIch habe auch ein selbstgestochenes Tattoo - ausgerechnet einen Namen habe ich mir eintattooviert.
Und ich war NIE mit dem Kerl zusammen. Genaugenommen war das eine 1-Stunden-Bekanntschaft (was auch vorher klar war - und nein: Ich meine keinen Sex ;)) - und dennoch habe ich es nie bereut den Namen immer bei mir zu tragen. Manchmal fragen mich Leute, ob ich im Knast war (herrlich unproffesionelles Tattoo) und was der Name bedeutet. Dann erzähle ich die Geschichte. Als meine Cousine mich mit 16 im Kofferraum ihres Wagens mit in die US-Kaserne einschleuste (Nur über 18-jährige in Begleitung stationierter Soldaten wurden reingelassen) und ich die Nacht mit ein paar Soldaten mit Chillen und Musikhören verbrachte und ständiger Angst entdeckt zu werden - dieses Gefühl kommt dann beim Erzählen immer wieder in mir hoch. Wie er dann vor mir stand, der Kain. Wie er eingeschüchtert war - aber die beste Musik mithatte. Wie wir einfach nur saßen und nix sagten bis die Sonne aufging und ich wieder rausgeschmuggelt wurde. Eine unbezahlbare Kindheitserinnerung, die ich nicht missen möchte. Und das verbinde ich mit "Kain" auf meinem Arm.
Ich habe danach noch viel "Blödsinn" gemacht, z.B. meinen (besten) Freund nach 2 Wochen Beziehung geheiratet - aber nie hatte ich das Gefühl, dass ein Motiv oder ein anderer Name ein besseres Gefühl geben würde als der "Kain".